Die erheblichen sozialen Unterschiede in der argentinischen Gesellschaft führen, wie in anderen lateinamerikanischen Ländern auch, zu erhöhten Kriminalitätsraten, vor allem in den Ballungsgebieten. Insbesondere bei Raubüberfällen liegt Argentinien in der internationalen Statistik weit vorne. Der Höhepunkt lag 2019 bei mehr als 1.000 Vorfällen pro 100.000 Einwohner, ist inzwischen jedoch gesunken. In anderen Bereichen sind die Kriminalitätsraten im Vergleich zu anderen Ländern der Region jedoch eher niedrig.
Dies kann u.a. darauf zurückgeführt werden, dass einige Städte, Gemeinden und Provinzen bereits Reformen in der Bürgersicherheit und Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen der Notfalleinsatzkräfte vorgenommen haben, so z.B. die Hauptstadt Buenos Aires. Die Einführung solcher Neuerungen hat in den Städten und Gemeinden innerhalb weniger Jahre zu einem (teilweise drastischen) Rückgang der Delikte in allen Bereichen geführt. Dies motiviert auch andere Orte zu entsprechenden Reformen und schafft neues Potenzial für Zulieferer und Kooperationspartner.
Im Bereich Cybersicherheit sieht es ähnlich aus. Zahlreiche Firmen, Projekte sowie Privatpersonen beschäftigen sich mit der Thematik. Allgemein kann die argentinische Bevölkerung als sehr technikaffin bezeichnet werden, was zur Folge hat, dass ein Großteil mit grundlegenden Sicherheits- und Präventionsstrategien vertraut ist. Trotzdem ist auch hier noch großes Verbesserungspotenzial vorhanden, vor allem da sich die Methoden der Cyberangriffe so schnell weiterentwickeln und diversifizieren und ständig neue Bedrohungen auftauchen. Gerade viele KMU, die nicht selbst über die Kapazitäten für einen umfangreichen Schutz verfügen, sind anfällig. Aber auch öffentliche Einrichtungen sind nicht gegen Angriffe gefeit, wie ein aktueller Hackerangriff auf das Seniorenversorgungswerk PAMI zeigt.
Die Gebäudesicherheit befindet sich ebenfalls auf dem Weg langsamer Modernisierung. Verschiedene Neubauprojekte werden bereits als intelligente Gebäude konzipiert, die neben Energieeffizienz auch eine erhöhte Sicherheit durch die Integration verschiedener automatisierter Systeme anstreben. Diese Projekte entstehen allerdings bisher noch vereinzelt. Die meisten Gebäude werden nach wie vor im konventionellen Stil errichtet. Die Nachrüstung bereits bestehender oder historischer Gebäude kommt nur langsam voran. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass sich dies mittel- und langfristig ändern wird und sich dadurch zusätzliche Geschäftschancen ergeben.
Allgemein kann gesagt werden, dass Produkte und Technologien „Made in Germany“ ein hohes Ansehen in Argentinien genießen, sie gelten als innovativ und langlebig. Deutsche Firmen, die Lösungen in den betrachteten Bereichen anbieten, haben gute Chancen, langlebige Geschäftsbeziehungen mit qualifizierten Partnerunternehmen aufzubauen. In jedem Fall sollte in Argentinien eine langfristige Markteintrittsstrategie verfolgt werden, da die allgemeine wirtschaftspolitische Situation komplex ist.
Davon konnten sich die neun deutschen Unternehmen, die Ende November Teil der Delegation waren, vor Ort ein umfassendes Bild machen. Die Unternehmen aus dem Bereich der Technologien und Dienstleistungen für die zivile Sicherheit, insbesondere in der Cyber- und Gebäudesicherheit, besuchten u.a. die Notrufzentrale der Stadt Buenos Aires und das nationale Institut für Industrietechnologie (INTI). Individuelle Geschäftschancen konnten in den B2B-Treffen evaluiert werden, in denen gemeinsam mögliche Synergien und Möglichkeiten für die zukünftige Geschäftsentwicklung erkundet wurden.
Ein weiteres wichtiges Element des Besuchs in Argentinien war die Teilnahme der deutschen Unternehmen am Deutsch-Argentinischen Forum für Zivile und Cybersicherheit, das am 28. November 2023 in der AHK Argentinien stattfand. Mit der Anwesenheit von Vertretern des argentinischen Sicherheitsministeriums sowie des BMWK bot das Forum eine ideale Plattform, um einen bereichernden Austausch zwischen deutschen und argentinischen Akteuren zu generieren sowie aktuelle Informationen über lokale und internationale technologische Entwicklungen im Bereich der zivilen Sicherheit zu teilen. Während der Veranstaltung präsentierten die deutschen Unternehmen ihre innovativen Produkte und Dienstleistungen dem interessierten Publikum aus dem argentinischen Sicherheitssektor. Lokale Marktvertreter präsentierten die aktuelle Situation und Politik im Bereich der Cybersicherheit sowie das Dienstleistungsangebot, die Nachfrage nach Produkten, Trends im Immobilienbereich und Infrastrukturentwicklungen in Argentinien. Vorgestellt wurde auch das Kooperationsmodell zur Aus- und Fortbildung zwischen der Polizei der Stadt Buenos Aires und der Polizei des Bundeslandes Bayern, ein Programm, das von der Hanns-Seidel-Stiftung in Argentinien unterstützt wird.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Christina Keim / ckeim(at)ahkargentina.com.ar
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